Seit Anfang der 1980er Jahre beschäftigt sich Andreas Schulze in seinen Arbeiten mit verschiedenen Innenansichten unserer Gesellschaft und hat dabei eine eigenständige und unverwechselbare Bildsprache entwickelt. Er studierte an der Gesamthochschule Kassel und wechselte Ende der 1970er Jahre an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf, wo er seit 2008 als Professor für Malerei tätig ist. Sein künstlerischer Werdegang begann in den 1980er Jahren im Kontext der Jungen Wilden und der Mülheimer Freiheit in Köln und Düsseldorf, die sich bewusst von der Konzeptkunst distanzierten und durch spontane und extreme Bilderfindungen inhaltliche Tabus brachen und formale Regeln missachteten. Schulzes Konzentration auf eine eigenständige und antihierarchische Verwendung traditioneller Malstile verbindet seine Malerei mit diesen künstlerischen Bewegungen. Durch seine kühlen, analytischen Kompositionen und seine eigenständigen Themen hat er sich jedoch eine einzigartige Position bewahrt, die ihn damals wie heute zu einem positiven Außenseiter im Kontext der zeitgenössischen Kunst macht.
Schulze zeigt in seinen Bildern alltägliche Landschaften und Innenräume, die eine behagliche, aber auch bedrohliche Parallelwelt zur Realität schaffen. In freier Auseinandersetzung mit verschiedenen, vom Surrealismus, Dadaismus oder Abstrakten Expressionismus abgeleiteten Malstilen malt er Vorstädte, Einfamilienhäuser und Wohnräume, die mit Möbeln, Lampen, Teppichen und Porzellan aufwändig ausgestattet sind. Die Bilder setzen weltliche Gegenstände und ornamentale Dekore in Beziehung zueinander und geben Einblicke in vermeintliche Idyllen, die sich zwischen den intellektuellen Ambitionen böhmischer Kreise und der Normalität des Bürgertums bewegen. Ein grundlegendes Thema ist die Kraft der Malerei, Illusionen zu erzeugen, die der Künstler immer wieder unterbricht: Seine Raumansichten und die darin enthaltenen Objekte verbergen nicht, dass es sich um fiktive Konstellationen und gemalte Fälschungen handelt. Damit verleiht Schulze dem Genre der Innenmalerei eine neue Bedeutung und behandelt das Thema des Zusammenspiels von Sein und Schein, Realität und Inszenierung im Medium Malerei auf vielfältige Weise. Seine verlassenen Landschaften und unbewohnten Innenräume erzeugen eine melancholische Wirkung, in der sich die Sehnsucht der Gesellschaft nach Behaglichkeit und Komfort als eine fragile und beengende Situation erweist. Schulze arbeitet ebenfalls mit Skulpturen und raumspezifischen Installationen, in denen er Themen und Motive aus seinen Bildern in den realen Ausstellungsraum ausdehnt. Der Künstler verwandelt den konkreten Raum in die Bühne und Kulisse seiner künstlichen Bildwelten, wobei die Idee des Gesamtkunstwerks – die Vereinigung von künstlerischer Praxis und Lebenserfahrung – eine seiner wichtigsten Inspirationsquellen ist. Sinnliche Erfahrung, Humor und direkte Beobachtung sind die grundlegenden Konstanten, die die Arbeiten von Andreas Schulze prägen.