09.02.2020–15.02.2020

Schnee

Andreas Schulze

Hat Schnee in früheren Zeiten noch eine harte und entbehrungsreiche Zeit markiert, so ist heute aus der Schneeangst (Chionophobie) eine Schneeliebe (Chionophilie) geworden. Seit sich Menschen hinreichend vor den lebensfeindlichen Auswirkungen von Schnee und Kälte schützen konnten, haben Künstler begonnen die weiße Pracht mit ihren  differenzierenden Augen zu sehen: Nicht als meteorologisches Phänomen, sondern als besondere Bedingung, als einen Wahrnehmungswandel, der „Licht“ in seinem farbliche Facettenreichtum zeigt, das gesamte Farbspektrum buchstäblich reflektiert. Von Breugel zu Monet bis Segantini: Die Malerei hat unsere Wahrnehmung von Schnee innerhalb der letzten 100 Jahre maßgeblich geprägt.

Nicht zuletzt im Vorgang der schmelzenden Polkappen, als Resultat der Erderwärmung, liegen im Schnee in einem erweiterten Kontext auch kulturelle Aspekte begraben. Unter rein malerischen Gesichtspunkten jedoch lässt sich in ihm ein besonderer Prozess entdecken, in dem Aufmerksamkeit und verfeinerte Wahrnehmung die Grundlage für die ästhetische Aufnahme der Umwelt sind.

In St.Moritz haben wir über die Wintermonate den Schnee direkt vor der Ateliertür liegen. Er soll uns für den Workshop im weitesten Sinn als malerisches Modell dienen. Das Thema gilt als lockerer Orientierungsrahmen der völlig frei, von konkret bis experimentell, künstlerisch umgesetzt werden kann.